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Ein Bundesligist mit dem erfrischend Besonderen

Meist waren und sind sie seit ihrem erstmaligen Bundesligaaufstieg anno 1993 froh, wenn sie am Ende der Saison just den Klassenverbleib in der Tasche und sich so für eine weitere Saison im Konzert  Großen qualifiziert hatten. Dass der Sportclub Freiburg ohne bisher errungene Deutsche Meisterschaft, ohne einen Gewinn des DFB-Pokals und ohne schillernde internationale Erfolge zu den grauen Mäusen auf der Bundesliga-Landkarte gehört, kann man aber trotzdem nicht ernsthaft meinen.

Dafür wurde der Klub aus der Münsterstadt an der Dreisam schon von zu vielen Persönlichkeiten geprägt, dafür ist die in vielen Bereichen alternative Philosophie des Vereins zu markant…

Der langjährige Vorsitzende Achim Stocker formte den Sportclub in der ihm ureigenen Art, holte einst auch Volker Finke aus Niedersachsen nach Südbaden. Mit dem eigenwilligen Fußballlehrer verstand sich Stocker zwar nicht immer bestens, schätzte aber dessen Fähigkeiten als Trainer, die dazu führen sollten, dass sich der Sportclub zu einer festen Bundesliga-Größe entwickelte (seit 1993 insgesamt nur noch sechs Zweitliga-Saisons).

Finke musste 2007 gehen, Achim Stocker verstarb 2009. Ihr Erbe lebt aber weiter: Präsident Fritz Keller ist ein hoch angesehener Winzer und Gastronom vom Kaiserstuhl, verfügt in Südbaden über ein glänzendes Netzwerk und steht für die Grundfesten des Klubs – Jugendkonzept und wirtschaftliche Solidität. Das Vertrauen zu Cheftrainer Christian Streich ist riesengroß. Der 49-jährige, frühere Zweitligaspieler des Sportclubs amtiert seit Dezember 2011 und führte das Team seinerzeit in einer fast ausweglosen Situation noch zum Klassenverbleib. Bereits als Nachwuchstrainer hatte er am Fuße des Schwarzwalds Enormes geleistet. Unter seiner Leitung schafften einige Jugendspieler den Sprung zu den Profis, darunter Dennis Aogo, Jonathan Pitroipa, Daniel Scgwaab, Eke Uzoma, Ömer Toprak und Oliver Baumann. Kompetenz, Kritikfähigkeit, Interesse an seiner Umwelt –Streich zählt zu den „normal Gebliebenen“ im Bundesliga-Geschäft und genießt gerade deshalb unter vielen Fußballfans geradezu Kult-Charakter.

Auch in der neuen Spielzeit wird Streich viel Kraft brauchen, um sein Team nach Platz 15 in der Vorsaison weg von den unteren Rängen zu halten: Nach den Abgängen von Weltmeister Matthias Ginter (Borussia Dortmund) und Keeper Oliver Baumann (TSG Hoffenheim) gilt es große Lücken zu stopfen. Zudem hat Gelson Fernandes den Klub vor kurzem überraschend Richtung Frankreich zu Stade Rennes verlassen.

Hoffnungsträger ist Admir Mehmedi, der in der vergangenen Saison schon zwölf Mal traf. Der Schweizer Nationalspieler war zunächst von Dynamo Kiew ausgeliehen und wurde nun fest unter Vertrag genommen. Viel verspricht man sich auch vom Neuzugang aus Nürnberg, Mike Frantz, der das Niveau im Mittelfeld enorm anheben soll und anstelle von Fernandes auf der „Sechs“ spielen kann. Streich & Co. sind darüber hinaus überzeugt davon, dass die beiden neuen Keeper Roman Bürki (kam von Grasshopper Zürich) und Sebastian Mielitz (Werder Bremen) den Verlust von Baumann auf Kurz oder Lang vergessen machen.

Dass im Breisgau die Uhren etwas anders ticken, verdeutlicht auch, wie man das Management geregelt hat. Jochen Saier und Streichs ehemaliger WG-Partner Klemens Hartenbach teilen sich den  Posten des Sportdirektors. Hartenbach ist als Leiter des Scoutings viel unterwegs. Saier – zuvor Leiter der vorbildlich strukturierten und arbeitenden Freiburger Fußballschule – bringt die Transfers über die Bühne und kümmert sich ums operative Geschäft. Sie, Coach Streich und drei der vier Co-Trainer haben eins gemeinsam: Sie haben sich allesamt auch schon nachhaltig im Nachwuchsbereich des Klubs eingebracht – wenn das kein Beweis für das erfrischend Besondere beim Sportclub Freiburg ist.