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„Fußballer sprinten nur, wenn sie den Ball jagen wollen!“

In unserer Reihe „Die Mannschaft hinter der Mannschaft“ präsentieren wir Woche für Woche die Menschen, ohne die bei unserer Eintracht der Ball nicht laufen würde. In dieser Ausgabe stellen wir Johanna Homburg, die SVE-Koordinationstrainerin, und ihre Arbeit bei der Eintracht vor. Johanna ist von Beruf Mutter eines Eintracht-Spielers und Erzieherin, arbeitet im Kindergarten und hat auch dort den Bereich „Bewegungserziehung“ als Schwerpunkt. Nebenbei arbeitete sie auch als DTB-Trainerin für Fitness und Gesundheit sowie als Übungsleiterin für Gesundheits- und Präventionssport für Kinder und Jugendliche. Ihre sportliche Laufbahn, war als ehemalige Leichtathletin auf der Laufbahn.Zu ihren Erfolgen gehört der dritte Platz bei den deutschen Jugendmeisterschaften (für Rot-Weiß-Koblenz) im 100-Meter-Hürdensprint und der zweite Platz bei den Süddeutschen Meisterschaften im Weitsprung mit 6,09m als Athletin bei Salamander Kornwestheim. Vor kurzem ist sie als Quereinsteigerin beim Fußball, bei unserer Eintracht gelandet. Was Johanna dort macht und sie antreibt, verrät sie uns im Interview.

Johanna, du bist ja auch schon zu einem festen Stück „Eintracht Trier“ geworden – wie führte dich dein Weg zu unserer Eintracht?

Mathis, mein Sohn, hat im Jahr 2008 im D2-Koordinationstraining bei Ansgar Heck absolviert. Das war nicht wirklich regelmäßig und fand meistens sogar nach dem regulären Training statt, als die Jungs eh schon „platt“ waren. Als interessierte “Sportmutter“  habe ich einige Male bei diesen Einheiten zugeschaut und die – mir aus dem Leichtathletiktraining nur all zu bekannten – Übungen in ihrer Ausführung kritisch beäugt. Über einige Dingen, die ich als Leichtathletin einfach anders ausführe, habe ich mit Ansgar diskutiert (Warum nehmen die Jungs beim Laufen die Arme nicht mit? Warum rollen sie ihren Rücken ein wenn sie sprinten? ). Dass führte dazu, dass Ansgar und ich uns immer öfter austauschten und im Grunde fand ich die Idee, diese Einheiten ins Jugendtraining zu integrieren, sehr sinnvoll! Aber dann bitte auch unter den richtigen Bedingungen: vor dem Training im ausgeruhten Zustand und mit entsprechender Technik. Ungefähr drei Monate später hat die Eintracht einen hauptamtlichen Jugendkoordinator eingestellt. Beim ersten Elternabend war meine Frage an den „Neuen“ – Reinhold Breu – zunächst, wie die Heranwachsenden im Bereich der Athletik und im Rahmen der Verletzungsprophylaxe in Zukunft nun also betreut werden sollten?! Eine wirklich zufriedenstellende Antwort bekam ich erstmal nicht, denn eine genaue Antwort blieb zunächst aus. Kurz vor der Saison bot mir Reinhold dann an, mich um diesen Bereich zu kümmern und mit Ansgar und ihm ein Konzept zu entwickeln. Vielleicht war Reinholds Motto unter den Voraussetzungen auch:Ich mach‘ mir Kritiker lieber zu Freunden sonst könnten sie meine Feinde werden“(Johanna lacht)

Da hast du ja direkt einen Treffer gelandet, auch wenn ich bezweifle, dass die Jungs dir im Angesicht deiner schweißtreibenden Aufgaben für sie dir immer dankbar entgegenblicken… was hat sich denn seit dem alles getan?

Vieles! Wirklich so einiges, wenn ich so nachdenke, dann habe ich im Laufe der Zeit ein Kräftigungskonzept, Einlaufkonzept und Athletikkonzept entwickelt. Des Weiteren unterstützen und schätzen auch die beiden neuen Nachwuchskoordinatoren, Michael Ziegler und Christian Mergens, die moderne Form des Trainierens. Ferner wurden viele koordinative Übungen ins Training integriert, die im Bereich Schnelligkeitsentwicklung  und Lauf- bzw. Sprungkoordination angesiedelt sind. Aber auch ich musste ich als Trainerin ein wenig umdenken, denn der Sprint im Fußball ist viel komplexer als der in der Leichtathletik. Richtungswechsel und Tempowechsel, Sprünge, Wendigkeit und Störfaktor Gegner bestimmen dort den Sprint. In der Leichtathletik hast du eine lineare Laufbewegung ohne Fremdeinwirkung. Der Antritt des Fußballers kann aus allen möglichen Positionen sein, dann brauchen die Jungs noch Übersicht und Balltechnik und ein Verständnis für die Taktik! Uff! Also ehrlich: ich ziehe mittlerweile den Hut vor den Kickern, denn sie sind wirklich gefordert und müssen eine große Portion Vielseitigkeit im Bereich Bewegungsvernetzung mitbringen. Dabei habe ich auch eine ganz wichtige Lektion gelernt: Fußballer sprinten nur, wenn sie den Ball jagen wollen. Also, der Köder „Ball“ ist auch ein Muss in meinem Training…

Apropos dein Training… worin siehst du deine Hauptaufgabe und wie habe ich mir denn so eine Einheit bei dir vorzustellen?

Zunächst habe ich mit den jungen Jahrgängen trainiert. Die Kinder sind eigentlich bewegungshungrig, doch leider immer häufiger – aufgrund der veränderten, medienorientierte Kindheit – bewegungsärmer. Es fehlen natürliche Bewegungsabläufe wie Hopserlauf, Sprünge etc. und besonders im Bereich der Kraft – besonders der Rumpfstabilität – weisen sie essentielle Schwächen auf. Zudem bringt die Einseitigkeit des Fußballs Einschränkungen in der Beweglichkeit mit sich, muskuläre Dysbalancen und Muskelverkürzungungen sind schon bei den 12-Jährigen zu erkennen!

Diese Faktoren versuche ich in meinen Einheiten aufzugreifen. Zu Beginn des Trainings machen wir uns in Form eines Spiels warm beispielsweise mit Namensball, 10-erBall oder wir gehen auf die Stadionrunde. Dabei nehmen wir aber auch hier die Crossstrecke bergauf, bergab, mit Treppen und über den unebenen Rindenmulch mit und laufen durchs Gestrüpp, springen über Baumstämme oder Hangeln an den Toren vom Ascheplatz. Hey, dass macht den Jungs zwischen 11 und 14 echt noch Spaß: ein Stück der Straßen-und Waldkindheit im Kleinformat! Danach erfolgt eine Mobilisation und leichtes tonuserhaltendes Dehnen, etwas Kräftigung  dann kommt das Lauf ABC. Hier werden Grundübungen der Lauftechnik eingeübt. Anforderungen stellen hier der wechselnde Laufrhythmus oder der schnell wechselnde Übungsablauf. Die jüngeren Jahrgänge befinden sich im goldenen Lernalter und es macht einfach riesigen Spaß zu sehen, wie schnell sie neue Übungen begreifen, umsetzen und ehrgeizig üben. Dann wird im Bereich Schnelligkeit gearbeitet: Sprints aus verschiedenen Positionen, mit Gegner (ist besonders reizvoll, weil Jungs natürlich immer den Vergleich suchen und wollen), Koordinationsparcours mit Ballmitnahme und/oder einer Anschlussaktion mit Ball. Das Training ist abwechslungsreich, vielseitig, denn es muss konzentriert gearbeitet werden! Der Kopf muss immer hell wach dabei sein, um manche Aufgabe im Bereich des schnellen Erfassens und Handelns absolvieren zu können. In der Mitte aller Übungen muss aber – mit Verlaub zu jeder Leistungsanforderung – der Spaß stehen! Wichtig ist, ähnlich wie beim Erlernen der Balltechnik, die Exaktheit und Schnelligkeit der Bewegungsausführung zu erlernen und zu verstehen. Nach 45 bis 60 Minuten trainieren die Spieler dann ganz normal, aber schon „leicht“ aufgewärmt mit ihrem Trainer weiter…

Leicht aufgewärmt? Ist klar… und wie sieht es bei den älteren Jahrgängen aus?

Die älteren Jahrgänge ab U16 trainiere ich meist im Bereich Athletik, Rumpfkräftigung oder im regenerativen Bereich. Nach einem Spiel steht dann in der Folgeeinheit das lästige Dehnen auf dem Programm. Da gibt’s dann auch schon mal Genörgel und ich komme mir vor wie “Master Drill“. Doch im Laufe der Trainingsjahre haben die Jungs es selbst gemerkt, wie wichtig solche Einheiten sind und dass sie zum professionellen Fußballtraining einfach dazugehören!

Und welche Mannschaften hast du unter deinen Fittichen?

Seit diesem Jahr trainiere ich neben der U12II, U12, U14, U16 auch einmal pro Woche mit verletzten Spielern oder Spielern mit Trainingsrückstand. Hier stimme ich das Training individuell und mit Rücksprache der Trainer und Holger Jungandreas ab. Besonders freut mich in diesem Bereich wenn die Spieler dann wieder den Anschluss an das Mannschaftstraining schaffen und so wie z.B. Christof Anton und Erik Michels wieder erfolgreich mitspielen.

Wenn du so von deinem „Hobby“ bei der Eintracht sprichst, könnte man glatt den Eindruck erhalten, dir würde das ganze auch noch Freude bereiten…

Ja, auf jeden Fall! Es macht Spaß bei der Eintracht als Trainerin zu arbeiten. Natürlich auch, da ich eine große Akzeptanz von den Trainern erhalte. Und sie mir in Sachen Fußballtechnik im Training zur Seite stehen. Sonst wäre so eine Trainingseinheit auch nicht so wertvoll. Wir vernetzen uns und arbeiten sportartübergreifend zusammen, das ist eine zeitgemäße Trainingsphilosophie die den Talenten zu Gute kommt. Die Spieler sind motiviert, ehrgeizig und diszipliniert.

Und was sind die ganz besonders wertvollen Momente für dich?

Die schönsten Momente sind die, wenn ich sehe wie sich Spieler persönlich weiterentwickeln und die Jungs fragen, ob das Training wirklich schon zu Ende ist. Dann betteln sie manchmal sogar: bitte noch eine Runde durch den Parcours laufen oder bitte noch eine Runde Zeitfangen. Dann weiß ich, es hat Spaß gemacht und ich habe ihre Bewegungsfreude mit Bewegungsvielfalt und Spaß gefördert!

Vielen Dank Johanna! Wir wünschen dir noch viel Spaß und Erfolg privat wie mit den Jungs sowie viele Kicker, die Dank dir über eine Extraportion Luft und Balance verfügen!