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Zum Todestag von Robert Enke…

Vor einem Jahr, am 10. November 2009, nahm sich der Nationaltorwart Robert Enke das Leben. Sein Tod erschütterte die Fußballwelt. Niemand hatte geahnt, dass der 32jährige Familienvater schon seit Jahren unter schweren Depressionen litt. Er sprach mit niemandem über seine Krankheit, nur seine Frau wusste davon. Enke wollte sein Privatleben schützen, er befürchtete, seine Karriere als Fußballprofi zu gefährden und hatte Angst, das Sorgerecht für seine adoptierte Tochter zu verlieren.

Solche Ängste sind nicht ungewöhnlich, im Gegenteil: Viele Menschen, die an Depression erkrankt sind, trauen sich nicht, offen mit der Krankheit umzugehen – aus Scham, aber auch aus Angst vor abwertenden Reaktionen. Susanne P. (Name geändert) kennt diese Gefühle. „Es geht mir doch gut, ich habe doch gar keinen Grund zu klagen“, sagt die 35jährige Mainzerin. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei kleinen Kindern. Und dennoch: „Ich fühle mich zeitweise so schlecht, so niedergeschlagen und hoffnungslos. Aber wie soll einer verstehen, warum?“ Sie versteht sie ja selbst nicht, die Selbstzweifel, die sie quälen, die Gefühle tiefer Sinnlosigkeit, die sie regelmäßig befallen. Jahrelang behielt sie ihre Probleme für sich und sprach mit niemandem darüber. Als die Selbstmordgedanken kamen, fand sie endlich den Weg zu einem Therapeuten. Es geht ihr nun besser, und sie ist voller Hoffnung, dass es weiter bergauf geht.

„You’ll never walk alone – Gemeinsam gegen Depression“. Unter diesem Motto will  die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG) den Jahrestag des Todes von Robert Enke dazu nutzen, das Thema Depression stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken und darüber zu informieren, dass Depression eine inzwischen gut behandelbare Krankheit ist, für die es wirksame Hilfen gibt. „You’ll never walk alone“ – wer unter Depressionen leidet, steht nicht allein. Wie Susanne P. können sich Betroffene an Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten  oder an Beratungsstellen wenden. Niemand sollte sich scheuen, sich einem anderen Menschen anzuvertrauen und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. „Es gibt keinen Grund, sich für eine Depression zu schämen, denn es ist eine Krankheit wie viele andere auch, und sie kann jeden treffen“, betont Sanitätsrat Dr. Günter Gerhardt, Vorsitzender der LZG.

Was viele nicht vermuten: Depression ist eine der häufigsten Krankheiten überhaupt, sie kann als Volkskrankheit bezeichnet werden. Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden darunter, in Rheinland-Pfalz geht man von 200.000 Erkrankten aus. Studien zufolge hat weltweit jeder siebte Mensch einmal in seinem Leben mit einer Depression zu tun. Trotzdem wird die Krankheit häufig nicht ernstgenommen. Sowohl die Betroffenen selbst als auch ihr Umfeld betrachten Depressionen eher als „Schwäche“ oder „übermäßige Empfindlichkeit“ denn als medizinisches Problem. „Reiß dich doch einfach mal zusammen“ – solche Sätze, durchaus gut gemeint, müssen sich Menschen, die unter Depressionen leiden, oft anhören. Und sie sagen sich das auch selbst immer wieder: „Ich gab mir jahrelang die Schuld an der Situation, ich fühlte mich als Versagerin“, erzählt Susanne P. „Vielen ist einfach nicht klar, dass es sich bei Depression um eine  Krankheit handelt, die auch körperliche Ursachen hat“, sagt Dr. Günter Gerhardt. „Da hilft es eben nichts, sich zusammenzureißen, denn wer unter einer Depression leidet, braucht professionelle Hilfe.“

Eine Depression hat selten eine einzige Ursache. Meist führt ein Zusammenspiel verschiedener körperlicher, psychischer und sozialer Faktoren zur Erkrankung. Auslöser für eine Depression können einschneidende Lebensereignisse sein: Wer seinen Arbeitsplatz verliert oder das Ende einer Beziehung verkraften muss, kann depressiv werden. Aber auch erfreuliche Ereignisse, wie die Geburt eines Kindes oder die bestandene Prüfung, können zu einer Depression führen. Nach Ansicht vieler Wissenschaftler ist während einer Depression der Stoffwechsel des Gehirns gestört: Die Botenstoffe Serotonin und/oder Noradrenalin, verantwortlich für die Übertragung von Impulsen zwischen den Nervenzellen, sind aus der Balance geraten. Mit bestimmten Medikamenten, sogenannten Antidepressiva, können die Stoffwechselvorgänge im Gehirn beeinflusst und die depressiven Symptome zum Abklingen gebracht werden.

Um Vorurteile abzubauen und die Öffentlichkeit stärker für die Krankheit zu sensibilisieren, hat die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Malu Dreyer vor einem Jahr die LZG damit beauftragt, die Initiative „Bündnisse gegen Depression“ ins Leben zu rufen. Die Initiative fördert die regionale Zusammenarbeit von Organisationen und Personen, die mit der Erkennung, Behandlung und Bewältigung von Depressionen zu tun haben und will die Selbsthilfe in diesem Bereich stärken. Hilfsangebote sollen bekannter werden, auch die Probleme der Angehörigen sollen stärker zum Thema werden. „Niemand darf sich scheuen, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen“ ermuntert Dr. Günter Gerhardt die Betroffenen. „Mit einer auf die Patienten individuell abgestimmten Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten kann der Krankheit heute gut begegnet werden.“

In zehn Jahren wird Depression die am häufigsten diagnostizierte Krankheit in der westlichen Welt sein, das sagen Prognosen. Die Aufklärung über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der Krankheit ist deshalb von großer Bedeutung. Die LZG hat dafür ein Gesundheitsportal eingerichtet, das unter www.rlp-gegen-depression.de Auskunft über die Krankheit gibt und Hinweise zu den Versorgungs- und Hilfsangeboten in Rheinland-Pfalz enthält. Hier finden Betroffene und ihre Angehörige erste wichtige Informationen, die den Weg zu einer exakten Diagnose und Therapie bahnen können und vermitteln sollen: „You’ll never walk alone“ – wer unter Depressionen leidet, kann Hilfe finden und bald wieder Licht am Ende des Tunnels sehen.

Weitere Informationen zum Thema Depression unter www.rlp-gegen-depression.de

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