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„Agieren statt reagieren, permanent aktiv sein, Kontrolle haben“

Seine Familie hat jemenitische Wurzeln. Er ist im Kader der  U23 des SV Eintracht Trier 05, trainiert die U-16 und U-17-Mannschaften. Er hat gerade am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium ein hervorragendes Abitur gemacht und dabei mit Altgriechisch, Latein und Biologie eine nicht nur ungewöhnliche, sondern auch anspruchsvolle Leistungskurs-Kombination absolviert. Er ist Fan des gepflegten spanischen Fußballs, vor allem des FC Barcelona und möchte gerne Medizin studieren. Maruan Saleh ist ein interessanter und vielseitiger Typ, den wir an dieser Stelle ausführlicher vorstellen möchten.

Den Fußball hat Maruan Saleh früh als sein großes Hobby entdeckt. Schon sein Vater, der zum Studium des Bauingenieurwesens aus dem Jemen nach Deutschland kam, hat Fußball gespielt. So ist es kein Wunder, dass der kleine Maruan schon in der Bambini-Mannschaft des FSV Tarforst dem runden Leder hinterher jagte. Man kann ihn durchaus als echten „Straßenfußballer“ bezeichnen, hat er doch mit seiner Clique mehr im Park und auf Garagenhöfen gekickt als auf dem richtigen Platz. Im Tarforster Trikot machte Maruan Saleh durch viele Tore auf sich aufmerksam, wurde zum DFB-Stützpunkt- und Sichtungstraining sowie in die Verbandsauswahl eingeladen. Dort hat ihn der damalige Jugendleiter der Eintracht, Reinhold Breu, gesehen und ins Moselstadion gelotst. Seit 2009 trägt er das blau-schwarze Trikot. Seine Leistungen sorgten auch überregional für Anerkennung: Zwei Kaderlehrgänge der der deutschen U-15-Nationalmannschaft (unter Trainer Frank Engel) absolvierte Maruan Saleh, und wer weiß, wohin ihn seine Spielerkarriere geführt hätte, wäre er nicht immer wieder durch Rückenprobleme zurückgeworfen worden. So hat es bisher „nur“ zu Spielen für die Zweite der Eintracht in der Rheinlandliga gereicht.

Da kam es dem 19jährigen ganz gelegen, dass schon früh die Trainertätigkeit sein Interesse weckte. Triers Nachwuchskoordinator Michael Ziegler bot ihm 2011 die Chance, die im Rahmen der C-Lizenz erworbenen didaktischen und methodischen Kenntnisse als Co-Trainer des U-13-Teams der Eintracht in die Praxis umzusetzen. Dort durfte er sich unter Coach Detlev Wackerhage ausprobieren, wurde auf Wackerhage haben mir den besten Start in die Trainerkarriere ermöglicht!“ sagt Maruan Saleh heute. Ein Jahr später wurde dem damals 17jährigen in eigener Verantwortung das U-14-Team anvertraut, das er auf dem letzten Platz der Rheinlandliga übernahm, vor dem Abstieg rettete und dank kontinuierlicher Entwicklung 2014 zum Gewinn des Rheinlandpokals führte. „Das ist die 99er-Mannschaft, die ich bis heute betreue. Die Jungs sind charakterlich in Ordnung, die Unterstützung durch die Eltern ist optimal. Man kennt sich und man schätzt sich. Zudem habe ich mit Wolfgang Fisch den besten Betreuer der Welt“, schwärmt Maruan Saleh von seiner Aufgabe. Damit nicht genug: Mitten in den Abiturvorbereitungen sprang er zusätzlich als U-17-Trainer in die Bresche.

Autoritätsprobleme gibt es bei beiden Teams – trotz des geringen Altersunterschiedes – nicht: „Neben der Fachkompetenz ist für mich als Trainer auch die Sozialkompetenz äußerst wichtig. Wenn ich die Jungs menschlich nicht erreiche, kann ich ihnen auch sportlich nichts beibringen“, erklärt Maruan Saleh seine „Trainerphilosophie“. Geholfen haben ihm dabei gerade auch die Fächer Griechisch und Latein am altsprachlichen Friedrich-Wilhelm-Gymnasium: „Für die Persönlichkeitsentwicklung und die Allgemeinbildung war dieser intensive Unterricht enorm wichtig, gerade auch durch die vielen philosophischen Themen“, bricht er eine Lanze für die unter dem reinen Nützlichkeitsgedanken oft in Frage gestellten Fächer, ja gibt sogar unverhohlen zu: „Latein und Griechisch zu lernen war die beste Entscheidung meiner Schullaufbahn!“ Seinen Schützlingen wollte er auch schulisch immer Vorbild sein – sein hervorragender Notenschnitt im Abitur sowie das ehrenamtliche Engagement in Fußball AG´s am Friedrich-Wilhelm- und Friedrich-Spee-Gymnasium trugen wesentlich zum Gelingen dieses Vorhabens bei. Dass er als Trainer seinen Jungs auch schon mal bei Hausaufgaben hilft oder Nachhilfeunterricht erteilt, versteht sich da fast schon von selbst.

Wie seine Mannschaften auf dem Platz agieren sollen, davon hat Maruan Saleh klare Vorstellungen: „Agieren statt reagieren, permanent aktiv sein, Kontrolle haben, auch wenn der Gegner den Ball hat, dem Gegner keine Luft zum Atmen geben und ihn dorthin lenken, wo wir ihn hin haben wollen“, umschreibt er seine fußballerische Philosophie, die vor allem spielerische Aspekte fokussiert. Das hat sicher auch etwas mit seiner Vorliebe für den spanischen Fußball, insbesondere den FC Barcelona, zu tun, dessen Ausbildungsidee Maruan Saleh Respekt abverlangt: „Sie lösen fast alles fußballerisch!“ Hohe Ballsicherheit und Spielintelligenz verkörpert für ihn dabei vor allem ein gewisser Xavi Hernandez i Creus, kurz: Xavi, zentraler Mittelfeldspieler der Katalanen: „Ihn habe ich schon als Jugendlicher bewundert, weil er seine Qualitäten bestmöglich entfaltet hat!“

Kann er sich vorstellen, eines Tages auch höherklassig Traineraufgaben zu übernehmen? „Im Moment ist das noch kein Thema. Ich widme mich derzeit dem leistungsorientierten Jugendbereich. Entwicklungen zu erkennen und die jungen Leute in ihrer fußballerischen und persönlichen Entwicklung zu prägen – das sind für mich reizvolle Aufgaben, die mir großen Spaß machen.“ Wenn höherklassig, dann könnte er sich momentan viel eher mit der Rolle des Co-Trainers anfreunden: „Das operative Geschäft, den Trainingszyklus mit den Spielern durchführen, den Tagesablauf für die Jungs planen – das ist mein Ding. Ein Cheftrainer hat zu viele  Nebenkriegsschauplätze, die ihn beanspruchen“, lautet die Einschätzung des nach wie vor bodenständigen und bescheidenen Jungtrainers. Dennoch hätte er nichts dagegen, „bei charismatischen Trainer wie Tuchel, Favre, Streich oder Simeone mal zu hospitieren, weil man bei denen ganz viel lernen kann.“ Oder am Ende doch was ganz Anderes? Auf dem beruflichen Wunschzettel steht auch ein Medizinstudium; während eines Praktikums in der Chirurgie eines Trierer Krankenhauses hat er sein Interesse daran entdeckt, möchte jedoch noch weitere Praktika anschließen, „um die Studienwahl in letzter Instanz zu überdenken“.

Doch bis dahin wird noch viel Wasser die Mosel hinunterfließen. Solange will sich Maruan Saleh weiter mit ganzer Kraft für die Trierer Junioren engagieren, denn: „Nachhaltige Jugendarbeit ist für die Eintracht existentiell wichtig, da der Verein finanziell nicht auf Rosen gebettet ist und sich von daher einem Wettbewerbsnachteil ausgesetzt sieht.“ Sein größter Wunsch: Dass auch in Zukunft möglichst viele qualifizierte Jugendtrainer im Moselstadion eine gute Basis legen für den Aufstieg der Eintracht!

-jf-

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